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Forum Energierecht – Der neue Leitfaden zur Missbrauchsaufsicht in der Stromerzeugung

Am 3. Juni 2019 fand das erste gemeinsame Forum Energierecht des Düsseldorfer Instituts für Energierecht (DIER) und des Instituts für Energiewirtschaftsrecht der Universität zu Köln (EWIR) im Haus der Universität in Düsseldorf statt. Vorgestellt wurde der Konsultationsentwurf des „Leitfadens für die kartellrechtliche und energiegroßhandelsrechtliche Missbrauchsaufsicht im Bereich Stromerzeugung/-großhandel“ des Bundeskartellamts (BKartA) und der Bundesnetzagentur (BNetzA). Im noch laufenden Konsultationsverfahren bot das Forum Energierecht die Gelegenheit zum unmittelbaren Austausch von Behörden, Verbänden und betroffenen Unternehmen. Mit 100 Anmeldungen fand das gemeinsame Forum sehr große Resonanz.

Nach der Begrüßung durch die Direktorin des DIER, Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, erläuterte Christian Ewald, Vorsitzender der 8. Beschlusskammer des BKartA, Hintergrund und Ziele des Leitfadens. Dieser solle die Regeln für die Anwendung und die Reichweite der Missbrauchsaufsicht erläutern. Ergänzt werde der Leitfaden durch den Marktmachtbericht (§ 53 III 2 GWB) als Teil des Monitorings nach § 48 III 1 GWB. Beides – Leitfaden und Marktmarktbericht – bildeten ein „legislatives Tandem“. Ewald betonte die Bedeutung der Rechtsprechung für die Missbrauchsaufsicht.

Dr. Roland Schwensfeier (BKartA) sah in seinem Vortrag den Marktmachtbericht als „Aktualitäteninstrument“. Eine marktbeherrschende Stellung werde erst dann vermutet, wenn ein Stromerzeuger in min. 5% der Stunden des Jahres unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage war (sog. Power-over-price-Situation). Im Rahmen der Feststellung der Marktbeherrschung sei die Grenzkuppelkapazität nicht als Kriterium geeignet, da sie die Kraftwerkskapazität überzeichne. Das Importsaldo sei dafür ein adäquates Mittel. Kennzeichen einer missbräuchlichen Zurückhaltung von Stromerzeugungskapazitäten sei der Nichteinsatz „im Geld befindlicher“ Kapazität. Der Day-Ahead-Markt gelte dabei als „Leitmarkt“. Eine fehlende Vollkostendeckung eines Anbieters aus allen Vermarktungswegen stelle z.B. einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für eine Kapazitätszurückhaltung dar. Maßstab sei dabei der Kraftwerkspark, nicht das einzelne Kraftwerk.

Im Anschluss stellte Dr. Thomas Müller (BNetzA) die Kernaussagen des Leitfadens zur Zulässigkeit von Preisspitzen nach der Verordnung über die Integrität und Trans¬parenz des Energiegroßhandelsmarktes (REMIT) dar. Er betonte, dass REMIT Preisspitzen, die im Rahmen einer freien Preisbildung entstehen, ebenso wie das Kartellrecht nicht entgegenstehe. Insgesamt habe es überwiegend positives Feedback zum gemeinsamen Leitfaden gegeben. Unbestimmte Rechtsbegriff könnten nicht in allen Details konkretisiert werden; es handle sich jeweils um Einzelfallentscheidungen.

In den sich anschließenden Reaktionen kritisierte Herr Dr. Peter Rosin (White & Case LLP) aus kartellrechtlicher Perspektive die Nichtberücksichtigung von EEG-geförderten Anlagen bei der Marktabgrenzung und plädierte für eine Konkretisierung der Erheblichkeitsschwelle sowie für eine Verlagerung des Vollkostenansatzes von der Rechtfertigungs- auf die Tatbestandsebene. Dr. Simon Groneberg (White & Case LLP) forderte, dass nach REMIT zulässiges Verhalten auch kartellrechtlich zulässig sein müsse. Dr. Paula Hahn (BDEW e.V.) verwies darauf, dass die Daten der Sektoruntersuchung, auf die der Leitfaden Bezug nehme, veraltet seien und fragte nach der Halbwertzeit des Leitfadens.

An der anschließenden intensiven Diskussion unter der Leitung von Prof. Dr. Torsten Körber (EWIR) beteiligten sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums. Ein informelles Get Together mit einem kleinen Imbiss schloss die gelungene Abendveranstaltung ab. Das erste gemeinsame Forum Energierecht des DIER und des EWIR ist Teil der Forschungskooperation der Energierechtsinstitute an Rhein und Ruhr. Diese Kooperation, an der auch das Institut für Berg- und Energierecht an der Ruhr-Universität Bochum beteiligt ist, wird auch in Zukunft fortgesetzt werden.

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